Wo Licht ist, ist auch Schatten

Gerda trinkt ihren Kaffee gern am Küchentisch. Der steht am Fenster. (Da scheint Morgens immer so schön die Sonne rein, wissense?)

Da sitzt sie dann... auf ihrem gepolsterten Armlehnenstühlchen, isst ihr Butterbrot und löst Kreuzworträtsel. 

Das Radio auf dem Kühlschrank dudelt vor sich hin. WDR5! Alles andere kommt der Gerda nicht aufn Sender. (Wenn die Enkelchen da sind, machen die immer auf dieses Einsleif Dings aus irjentsonnem Sektor... furchtbar wat da läuft, sach ich Ihnen!)

Da sitzt se dann... und überlegt sich, was es zum Mittag geben soll. 

Fluss in Südamerika mit sieben Buchstaben... ORINOCO

 

Im Radio sagt grad einer Änja an. 

Dann jammern ein Nachtigall-Stimmchen.

Gerda versteht kein Wort.

 

Ist ihr aber auch egal, denn gleich is schon  dreiviertelzehn. Da könnt man ja schonmal mit Kartoffel schälen anfangen. 

(Kartoffeln schälen dauert manchmal, deshalb mach ich das immer am Tisch, da kann ich dann dabei rausgucken, wissense?)

Kartoffeln sind gut.

Die gehen ja immer. 

Eine gute Grundlage für jedes gute Mittagessen. 

(Da freut sich auch der Heinz.

Der kommt heut nämlich zu Besuch! 

Kartoffelm isst der Heinz gern.)

 

Gerda ist glücklich.

Sie hält ihr Hirn mit Kreuzworträtseln fit, hat ne schöne Aussicht, sitz bequem und bekommt auch noch Besuch.

Das wird ein schöner Tag. 

 

Und wie sie dann da so sitzt... 

RAT T O N G! 

(Einen Wums hat das gemacht, ich sach es Ihnen...!)

Ganz plötzlich schüttet das wie aus Kübeln und es blitzt und donnert. 

Son richtiges schönes Sommergewitter!

Gerda saust wie der Wind und macht das Schlafzimmerfenster zu, dass zum Lüften auf war.

In dem Moment fliegt die Haustür auf und Heinz kommt pischtnass wie ein begossener Pudel und abgehetzt mit dem Kleenen aufn Arm reingestürmt. 

„Ganz schön nass da draußen!“ sacht er.

Da hat Gerda auch schon das zappelnde Bündel auf den Arm. Heinz schnappt sich ein Handtuch, rubbelt sich trocken und nimmt sich nen Kaffee aus der Kanne. 

(Na mein Kleiner? Kommst Du die Uromma besuchen? Ja hallooo.. dutzidutzi....)

„...glucks... glucks.... börlk...“

Das dieses Kind auch immer kötzeln muss wenn es bei Gerda auf dem Arm ist! So langsam kränkt sie das...

Heinz übernimmt das Bündel wieder und Gerda wischt sich den Kittel ab. 

„Was gibts zu Essen Oma?“ 

„Kartoffeln! Mit Erbsen und Möhren. 

Wenn Du noch eben zum Metzger runter gehst kannst auch noch Frikadellen dazu haben. 

Die sind bestimmt noch warm. 

Der macht die Morgens immer frisch.“

„Ja, Lecker! Aber ich guck ersma, ob dat nicht gleich wieder mitn Regnen aufhört....?!“

 

Heinz macht das Radio aus, setzt sich mit dem Kleenen aufm Arm vor die Glotze und macht sich einen Sportsender an. 

Oder irgendwas mit Autos.

Oder ne Spielshow.

Gerda macht sich an die Arbeit...

 

 

„Was is jetzt? Willste Frikadellen? Dann geh doch ma eben. Hat aufgehört zu Regnen.“

„Ne Frika wär ja schon lecker.... aber der Wurm schläft grad auf meinem Arm ein. Endlich is der mal friedlich! Wenn ich mich jetzt bewege, hamwa gleich beim Essen keine Ruhe.“

 

Gerda kennt die perfiden Pläne ihres faulen Enkels nur zu gut. Seit der Herr Papa in Elternzeit, nimmt er seine Brut gern als Entschuldigung für alles. Heinz weiß genau das der Wurm nach ner halben Stunde vorm Fernseher wegdämmert und Gerda hat sich längst damit abgefunden, das er so ist wie er ist. 

Sie nimmt also ihren Rollator, das Portemonnaie und den Aufzug. 

Der Metzger ist ja gleich um die Ecke...

 

Mit frischen Frikadellen kommt sie wenig später zurück, Heinz legt das Blag ab, setzt sich an den Tisch und wartet dass das Essen auf den Tisch kommt. 

Maaalzeit Oma! 

Hast Du noch Senf?“

„Ist alle.“

„hmm...“

Heinz zuckt mit den Schultern. 

Sie essen. 

 

„..uuuhhääääärh...uuuhhäääärh... UUUHHÄÄÄÄÄRH...“

 

„Danke Omma, war lecker. Hörst ja... Muss los! Schade, aber siehste ja. Der Kleine hat Hunger. Hat wohl das gute Essen gehört, wa? ...HAHA!

So. Tschüss dann!“

Heinz war so schnell durch die Tür, wie er reingeflogen kam. 

 

 

Da sitzt sie dann... an ihrem Küchentisch. Mit all dem Spül. 

Sie steht auf, räumt ab, spült Teller und Töpfe, räumt weg und setzt sich wieder auf ihr Stühlchen. 

Am Küchentisch

mit Blick aus dem Fenster. 

In der Ferne sieht sie das Gewitter abziehen...

über ihrem Haus steht ein Regenbogen. Aber den sieht sie nicht

...da wo sie sitzt.

 

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